Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nunmehr den VW EA-189 Abgasskandal zu Gunsten der getäuschten Verbraucher entschieden!

Nach den Urteilen des BGH zu den Az. VI ZR 252/19, VI ZR 354/19, VI ZR 367/19, VI ZR 397/19 und VI ZR 5/20, steht nun fest, dass VW die Käufer vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht hat und im Abgasskandal haftet. VW schuldet den Klägern Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Kaufvertrages gegenüber dem Hersteller des VW EA-189 Motors. Dies unabhängig ob der getäuschte Kunde ein Fahrzeug mit EA-189 Motor von Volkswagen, Seat, Audi oder Skoda erworben hat.

 

Die BGH Urteile im Überblick:

 

1.Grundentscheidung  des BGH vom 25. Mai 2020

BGH, VI ZR 252/19: VW haftet unter Nutzungsersatzabzug bei 300.000 KM Gesamtlaufleistung aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB.

 

2. BGH Urteil Vielfahrer vom 30.07.2020

BGH, VI ZR 354/19: Aufzehrung des Schadensersatzanspruches durch den Nutzungsersatz bei Vielfahrer ab 250.000 KM Gesamtlaufleistung  möglich. In diesem Fall ging der Fahrer eines abgasmanipulierten Fahrzeuges, das bereits 255.000 KM zurück gelegt hatte, leer aus. Der Nutzungsersatzabzug hat den Schadensersatzanspruch vollkommen aufgezehrt.

 

3. BGH Urteil zur Rechtsprechung des OLG Braunschweig vom 30.07.2020

BGH, VI ZR 367/19: Auch am OLG Braunschweig haftet die VW AG, jedenfalls nach Revision zum BGH. Es ging zudem um den Schutzzweck der EG-FGV im Rahmen des § 826 BGB und der Sekundären Darlegungslast zur Frage, wer den Einsatz einer Abschalteinrichtung bestimmt hat.

 

4. BGH Urteil zu den Deliktszinsen vom 30.07.2020

BGH, VI ZR 397/19: Keine Deliktszinsen, es gibt keine Verzinsung seit Kaufpreiszahlung. Deliktszinsen können nach § 849 BGB können nicht verlangt werden, wenn der Geschädigte für die Hingabe seines Geldes im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhält. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes, so der BGH.

 

5. BGH Urteil zu Kauf im Jahr 2016 vom 30.07.2020

BGH, VI ZR 5/20: Die Arglosigkeit der VW Käufer ist nach dem 22.September 2015 auf Grund der Ad-Hoc-Mitteilung der VW AG entfallen. Dementsprechend sei kein Raum für eine Haftung der VW aus § 826 BGB. Der Käufer eines abgasmanipulierten VW Fahrzeugs aus dem 2016 hat dementsprechend nach dem BGH keine Ansprüche aus § 826 BGB. Denn so der BGH, für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat.

 

6. BGH Urteil zu Kauf eines Audi Q5 im Jahr 2016 vom 8.12.2020

BGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 – VI ZR 244/20: Schadensersatzklage in einem sog. „Dieselfall“ gegen die VW AG bei Kauf eines Gebrauchtwagens einer anderen Konzernmarke nach Aufdeckung des „Dieselskandals“ erfolglos. Der Kläger erwarb im Mai 2016 einen Audi Q5 2.0 TDI. Die Klage gegen die VW AG war erfolglos, denn so der BGH, die Verhaltensänderung der VW AG sei nicht auf die Kernmarke Volkswagen beschränkt, sondern gelte auch für die anderen Diesel-Fahrzeuge mit EA 189 Motor im Volkswagen Konzern.

 

7. BGH Urteil zur Verjährung abhängig von der individuellen Kenntnis vom 17.12.2020

BGH, vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20 : In dem Fall, dass der Kläger im Jahr 2015 nicht nur allgemein von dem damals aufgedeckten sogenannten Dieselskandal Kenntnis erlangt, sondern auch konkret weiss, dass sein Fahrzeug hiervon betroffen war, ist die erforderliche Kenntnis des Geschädigten von den den Anspruch begründenden Umständen bereits im Jahr 2015 vorhanden. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist im Jahr 2015 und läuft Ende 2018 ab. Eine erhobene Klage im Jahr 2019 ist dann verjährt.

 

Unser Fazit zu den bisherigen BGH Urteilen im VW Abgasskandal:

Nach hoffnungsvollem Beginn mit der Haftung der VW AG aus § 826 BGB sind insbesondere die Nichtverzinsung seit Kaufpreiszahlung, der Verlust des Anspruches bei Kauf nach der Ad-Hoc-Mitteilung und die Möglichkeit der vollständigen Aufzehrung des Schadensersatzanspruches durch den Nutzungsersatzabzug ein bitterer Schlag für die Geschädigten im VW-Abgasskandal.

Im Kern bedeutet die Rechtsprechung des BGH, dass wer vorsätzlich sittenwidrig Fahrzeuge abgasmanipuliert und allein aus Gewinnmaximierungsgründen der Umwelt einen erheblichen Schaden zufügt, der haftet. Wir gehen davon aus, dass dies nicht nur für die Volkswagen AG gilt.

Dafür kämpfen wir bei Wietbrok Rechtsanwälte jeden Tag im Abgasskandal!

 

Das Software-Update ändert dabei nichts am Schaden. Auch Käufer, die das Software-Update vornehmen lassen haben, behalten den Schadensersatzanspruch.

Grundsätzlich geht es um die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Vom gezahlten Kaufpreis müssen sich die VW-Käufer den Nutzungsersatz abziehen lassen. Je mehr das Fahrzeug gefahren wurde, desto höher wird der Abzug für den Nutzungsersatz. Der Nutzungsersatz kann den Kaufpreis komplett aufzehren. Entscheidendes Kriterium für den Nutzungsersatzabzug ist neben dem Kaufpreis und den gefahrenen Kilometern die mögliche Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs. Die Gerichte schätzen die Gesamtlaufleistung in der Regel auf 200.000 bis 350.000 KM.

Hier können Sie den Nutzungsersatzabzug berechnen:

Eine Verzinsung ab Kaufdatum aus § 849 BGB gibt es nach der Entscheidung des BGH nicht.

Es gibt lediglich Verzugszinsen ab dem Inverzugsetzen.

Beim Kauf eines abgasmanipulierten VW EA-189 Diesel Fahrzeugs geht der BGH auf Grund der medialen Berichterstattung ab September 2015 davon aus, dass die Käufer von dem Betrug gewusst haben.  Käufer von VW EA-189 Diesel Fahrzeugen mit Käufen in den Jahren 2016 und 2017 und danach haben nach der Entscheidung des BGH keinen Anspruch gegen VW.

Die Ansprüche verjähren in der 3-jährigen Regelverjährung ab Kenntnis von der Abgasmanipulation an dem konkreten Fahrzeug.

FAZIT

Nach der recht verbraucherfreundlichen Grundsatzentscheidung des BGH im Mai 2020 ist klar, dass die Automobilhersteller für eine vorsätzliche und gesetzeswidrige Abgasmanipulation haften. Das ist eine sehr erfreuliche Grundsatzentscheidung. Wir bei Wietbrok Rechtsanwälte gehen davon aus, dass sich diese Grundsatzentscheidung auch auf alle anderen Autohersteller übertragen lässt.

Obwohl der BGH durch den Abzug des Nutzungsersatzes und durch die Nichtgewährung von deliktischen Zinsen der Automobilindustrie erheblich entgegen kommt, lassen sich vor allem bei geringer Laufleistung erhebliche Entschädigungen erreichen. Auch die Entscheidung des BGH, dass bei Autokäufen eines VW EA-189 Fahrzeugs nach Bekanntwerden des Abgasskandals kein Anspruch besteht und dass Käufer durch eine hohe Laufleistung den Schadensersatzanspruch komplett aufbrauchen können, stellt eine erhebliche Entlastung der Automobilindustrie dar.

Nichtsdestotrotz sind die Aussichten für erfolgreiche Klagen im Abgasskandal so gut wie nie zuvor.

Wir gehen davon aus, dass sich die Erkenntnisse aus der Grundsatzentscheidung gegen die Volkswagen AG dabei auf die Abgasmanipulationen anderer Hersteller übertragen lassen werden.

Dies betrifft den Nachfolgemotor VW EA-288 des Volkswagen Konzerns, genauso wie den EA 896 und EA 897 Motor der Audi AG sowie die OM 651 und OM 642 Motoren der Daimler AG sowie alle anderen abgasmanipulierten Motoren und Fahrzeuge.

Nutzen Sie für eine Beauftragung gern unsere Erstberatung!