Alles klar im Abgasskandal? Mitnichten.
Das Landgericht Hamburg hat in einem von unserer Kanzlei, Wietbrok Rechtsanwälte, geführten Prozess im Abgasskandal mit Urteil zum Az. 335 O 27/17 lediglich das mitverklagte Autohaus zur Rückabwicklung verurteilt. Die Klage gegen die Volkswagen AG zur Rücknahme eines abgasmanipulierten Gebrauchtwagen Audi A6 TDI wurde erstaunlicherweise abgewiesen.
Das Landgericht Hamburg weist insofern daraufhin, dass es bei einem Gebrauchtwagen keine Ansprüche bestehen, da ersatzberechtigt grundsätzlich nur der unmittelbar Geschädigte ist, nicht aber der Käufer eines mehrere Jahren alten Gebrauchtwagens.
Unsere Argumentation, dass die VW AG sehr wohl ein Interesse an dem Gebrauchtwagenmarkt habe und insofern die gesamte Kette des Erwerbgeschäftes getäuscht würde und nicht nur der Ersterweber. Zumal alle Fahrzeuge irgendwann verkauft würden. Der Gebrauchtwagenmarkt funktioniert aber nur dann, wenn die Käufer wissen, dass nicht alles manipuliert ist. Wenn der Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr funktioniert, werden auch die Ersterwerber sich Gedanken machen müssen, wer das Auto nach ein paar Jahren dann weiterfahren soll. Angenommen es finden sich dann keine Gebrauchtwagenkäufer mehr, dann wird sich jeder Ersterwerber doppelt überlegen, ob er die vom Autohersteller aufgerufenen Preise wirklich zahlen möchte. Die VW AG hat damit also ein ganz klares Interesse an einem funktionierenden Gebrauchtwagenmarkt und da sie damit rechnen muss, dass Fahrzeuge auch weiterverkauft werden, kann die Täuschung nur die gesammte Erwerbskette betreffen und nicht nur den Ersterwerber. Gleichwohl fand dies bei der Kammer 335 des Landgerichts Hamburg kein Gehör.
Dies ist umso erstaunlicher, als dass das OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 – 5 U 1318/18, gerade entschieden hat:
„Auch bei Gebrauchtwagenkäufen bilden die allgemeinen Herstellerangaben und die Typengenehmigung die Grundlage des Erwerbsgeschäftes. Insoweit täuscht die Bekl. auch in diesem Kontext die Beteiligten eines Gebrauchtwagenkaufs im vorgenannten Sinne. Dem hat die Bekl. nicht Substanzielles entgegengesetzt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs und das Verschweigen der unzulässigen Abgasabschalteinrichtung hat eine Kausalkette in Gang gesetzt, die bis zur Stilllegung des Fahrzeugs fortwirkt (so auch OLG Karlsruhe, ZVertriebsR 2019, 178). Die Täuschung wirkt damit auch innerhalb von Käuferketten außerhalb des Herrschaftsbereiches der Bekl. fort.“
Wir werden dem Kläger daher dringend die Berufung gegen das Urteil des LG Hamburg empfehlen, auch wenn der Kläger immerhin vom Verkäufer den Kaufpreis abzgl. des Nutzungsersatzes erhalten soll.
Es zeigt sich immer wieder, dass Recht haben und Recht bekommen oftmals von scheinbaren Kleinigkeiten abhängt, die vor Gericht dann aber doch wieder ganz wichtig sein können.
Wir, bei Wietbrok Rechtsanwälte, sind auf jeden Fall guter Dinge, dass unser Mandant in der zweiten Instanz auf ganzer Linie recht bekommt und das auch Gebrauchtwagenkäufer nach wie vor den Schadensersatzanspruch im Abgasskandal zu Recht geltend machen können. Vielleicht ja dann vor dem OLG sogar ohne Abzug von Nutzungsersatz.
Das ein Gebrauchtwagenkauf die Abgasmanipulation nicht ausschließt zeigt unter anderem dies Urteil:
Hier finden Sie das nicht rechtskräftige Urteil: