Eine weitere Kammer des Landgerichts Hamburg hat mit Urteil vom 20.04.2018, zum Az. 313 O 31/17 die bahnbrechende Rechtsprechung der 29. Kammer des Landgerichts Hamburg im VW-Abgasskandal bestätigt. Demnach ist das Nachlieferungsverlangen eines mangelfreien Neuwagens ohne Zahlung von Nutzungsersatz  berechtigt und kann nicht unter Verweis auf einen Modellwechsel abgelehnt werden, wie nun die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg bestätigte.

In dem vorliegenden Fall wurde der Autoverkäufer, zur Nachlieferung eines mangelfreien VW Sharan aus der aktuellen Serienproduktion der Volkswagen AG, mit identischer technischer Ausstattung gegen Rückgabe des abgasmanipulierten VW Sharan von 2015 an die Klägerin verurteilt.

Das Software-Update hatte die Klägerin bislang nicht durchführen lassen.

Ein Nutzungsersatz muss bei diesem Nachlieferungsverlangen nicht gezahlt werden, wie sich § 474 Abs. 5 S.1 a.F BGB entnehmen lässt.

Die Beklagte hat zudem die Kosten des Gerichtsverfahrens sowie die vorgerichtlichen Kosten zu tragen.

Das Landgericht Hamburg bestätigt damit die bahnbrechende Sichtweise einer anderen Kammer des Landgericht Hamburgs aus dem Urteil vom 7.3.2018 zum Az. 329 O 105/17 , das unsere Kanzlei, Wietbrok Rechtsanwälte, bereits im März 2018 erstritten hatte. Das Landgericht Hamburg hatte im März die Volkswagen Automobile Hamburg GmbH dazu verurteilt, einen neuen VW Tiguan II aus der aktuellen Serienproduktion gegen Rückgabe des alten, vom Abgasskandal betroffenen VW Tiguan I nachzuliefern, ohne Zahlung einer Nutzungsentschädigung, obwohl das sog. Software Update bereits vor gut einem Jahr aufgespielt wurde. Dieses Verfahren befindet sich aktuell in der Berufungsinstanz am Hanseatischen Oberlandesgericht zum Az. 11 U 55/18.

Das aktuelle Urteil vom 20.04.2018, zum Az. 313 O 31/17 bestätigt die Sichtweise, dass eine Nachlieferung im VW-Abgasskandal grundsätzlich möglich ist und nicht wie in derartigen Verfahren ständig von den Beklagten in den VW Schriftsätzen wiederholt, unmöglich und unverhältnismäßig sei.

Das Landgericht Hamburg stellt in seinem Urteil fest, dass das Fahrzeug sowohl einen Sach-, als auch einen Rechtsmangel aufweist.

Die Nachlieferung ist zudem nicht nach § 275 BGB unmöglich, da die aktuelle Baureihe noch derselben Gattung angehört, wie das Fahrzeug der Klägerin von 2015.

Ferner führt das Landgericht Hamburg aus, dass die Nacherfüllung durch Neulieferung auch nicht unverhältnismäßig sei, zumal die Nachbesserung durch das Softwareupdate unzumutbar ist.

Rechtsanwalt Frederik Wietbrok, LL.M. begrüßt dieses Urteil des Landgerichts Hamburg. Endlich wird von den Gerichten anerkannt, dass die Nachlieferung einer Gattungsschuld nicht schon durch geringfügige Änderungen an der Gattung unmöglich wird. Zumal bereits der EU-Gesetzgeber die besondere Rolle der Nachlieferung betont hat, indem bei der Nachlieferung, anders als beim Rücktritt kein Nutzungsersatz zu zahlen ist. Dieser präferierten Rolle der Nachlieferung im Mängelgewährleistungssystem der §§ 433 ff. BGB scheinen nun auch immer stärker die Gerichte Rechnung zu tragen. Wir gehen zudem davon aus, dass dieses Urteil auch für das Berufungsverfahren am Hanseatischen Oberlandesgericht zum Az. 11 U 55/18 positive Auswirkungen haben wird. Zumal die Beklagte sicherlich auch hier Berufung zum Hanseatischen Oberlandesgericht einlegen wird.

Abruf des nicht rechtskräftigen Urteils im Volltext

LG Hamburg 313 O 31 17