Das Landgericht Hamburg hat die Audi AG mit Urteil vom 31.8.2023 zur Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB verurteilt.

Der Kläger hatte Anfang 2018 einen gebrauchten Audi A6 3.0 TDI erworben und diesen zwischenzeitlich veräußert. Der Kläger erhält nach dem Urteil des Landgericht Hamburgs den Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB und muss sich den Verkaufserlös für das Fahrzeug anrechnen lassen. Der Kläger erhält zudem die Finanzierungskosten erstattet.

Im Ergebnis kann der Kläger deshalb den Kaufpreis von 32.759,00 € sowie die Zinsen von
1.338,22 € abzüglich des Erlöses von 19.000,00 € aus dem Weiterverkauf und der Nutzungsentschädigung verlangen (32.759,00 € + 1.338,22 € – 19.000,00 € – 5.000,00 €). Dies ergibt den ausgeurteilten Betrag von 10.097,22 €.

Das Gericht führt aus:

Das streitgegenständliche Fahrzeug enthält unstreitig eine unzulässige Abschalteinrichtung, die das KBA zur Anordnung des verpflichtenden Rückrufs veranlasst hat. Die Beklagte mochte zwar nicht – z.B. durch Vorlage des Bescheides – offenbaren, welche Merkmale der Motorsteuerungs- software von dem KBA konkret beanstandet wurden und in welcher Weise diese die Abgaswerte
beeinflusst haben. Der von der Beklagten verwendete Begriff „unzulässige Abschalteinrichtung“ ist jedoch im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahr- zeugen (Euro 5 und Euro 6) als eine Abschalteinrichtung zu verstehen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert. Seit Bekanntwerden der Manipulationen an den EA 189-Motoren der Volkswagen AG und dem dadurch ausgelösten „Diesel-Skandal“ steht der Begriff für Vorrichtungen, die für eine gesteuerte Einhaltung von Abgasgrenzwerten nur auf dem Prüfstand sorgen, während die Werte im realen Straßenverkehr überschritten werden können. Aus der Verwendung dieses Begriffes sowie aus den weiteren Andeutungen der Beklagten, dass das KBA die „Bedatung“ der Softwarebestandteile beanstandet und eine Ausweitung der Software für „einen breiteren Anwendungsbereich im Straßenbetrieb“ vorschrieben hat, geht für das Gericht zweifelsfrei hervor, dass die Beanstandungen des KBA auch im Fall des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine Abgassteuerung mit planmäßiger, programmierter Prüfstandserkennung betrafen.

Die Beklagte haftet auch, wie das Gericht ausführt:

Die Beklagte beschränkt sich insoweit auf den Einwand, der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, dass eine Person, deren Kenntnisse ihr zuzurechnen wären, mit Vorsatz […] gehandelt haben solle (Seite 22 der Klagerwiderung). Dies genügt nicht. Die Beklagte allein kennt die internen Entscheidungsvorgänge und Verantwortlichkeiten innerhalb ihrer Organisation, während der Kläger auf Veröffentlichungen der Medien, eigene Rückschlüsse und Vermutungen oder in diesem Fall auf Informationen aus einem fremden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angewiesen ist. Die Beklagte hätte daher die tatsächlichen Arbeitsabläufe sowie die Überprüfungs- und Kontrollmechanismen in ihrem Unternehmen so detailliert darlegen müssen, dass der Kläger in die Lage versetz worden wäre, selbst weiter zur Kenntnis der Entscheidungs- träger der Beklagten vortragen zu können. Ohne ausreichende sekundäre Darlegung der internen Geschehensabläufe durch die Beklagte gilt die vom Kläger behauptete Kenntnis und das sittenwidrige Handeln der leitenden Mitarbeiter und des Vorstands der Beklagten als zugestanden.
Die Beklagte handelte auch im Hinblick auf die Schädigung vorsätzlich. Sie hatte Kenntnis vom Eintritt des Schadens bei den Fahrzeugkäufern, von der Kausalität der eigenen Täuschung für den Schadenseintritt und von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen. Eine konkrete Kenntnis vom Eintritt des Schadens gerade in der Person des Klägers ist nicht erforderlich (vgl.BGH, Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 402/02, juris Rn. 47).

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